Dass im Mannschaftssport - erst recht im Leistungsbereich - Erfolge nicht zuletzt auf einer guten körperlichen Verfassung beruhen, weiß jeder. „Das Handballtraining wurde ja schon immer durch Konditionseinheiten ergänzt“, denkt Wojtek an seine Anfänge als Spieler zurück. „Wir haben damals Medizinbälle an die Wand geworfen, Liegestützen und Rudersachen gemacht, Bänke über den Kopf gestemmt und sind im Wald bergab oder huckepack gelaufen, um die Schrittfrequenz und den Antritt zu steigern.“
Heute geschieht alles systematisierter und strukturierter. Ab einer gewissen Ebene wird verbindlich vorgeschrieben, welche Spezialisten ein Verein dafür vorhalten muss. Der VfL Eintracht hat im Nachwuchsbereich dieses Level längst erreicht. Zum dritten Mal in Folge erhielten die Grün-Gelben in diesem Jahr das HBL-Jugendzertifikat und damit die Bescheinigung, im Ausbildungsbereich bundesweit eine Top-Adresse zu sein.
Für diese Zertifizierung ist ein ausgebildeter Athletikcoach mittlerweile Pflicht. Das für das Jugendzertifikat notwendige Ausbildungskonzept hat Christian Wojtek auf der Grundlage der Athletik-Rahmen-Trainingskonzeption des Deutschen Handballbundes geschrieben.
Die nötigen Lizenzen als anerkannter Athletiktrainer hat der langjährige Inhaber der Handball-B-Lizenz in den vergangenen Jahren erworben. Und zwar im Bereich Gewichtheben. „Vor drei Jahren habe ich in Münster die Leistungs-C-Lizenz des Bundesverbands Deutscher Gewichtheber, moderner gesagt, German Weightlifting, erworben, ein Jahr später in Leimen die B-Lizenz“, berichtet der 45-Jährige, „bei Frank Mantek, dem Trainer des früheren Olympiasiegers Matthias Steiner.“
Warum Gewichtheben? „Reißen und Stoßen müssen die Jungs draufhaben“, erläutert der Hagener, „das sind Elemente, die vom Profil her dem Handball sehr nahekommen. Schnellkräftige, reaktivkräftige und körperstabilisierende Übungen fördern beispielsweise die Schulter- und Ganzkörperstabilität und verringern damit auch das Verletzungsrisiko. So etwas fordert der Deutsche Handballbund mittlerweile, beispielsweise für seine Auswahlmannschaften.“
Vom DHB wird Christian Wojtek inzwischen auch als Ausbilder angefordert. „Im vergangenen Dezember in Berlin und dieses Jahr in Hennef habe ich die Handball-A-Lizenz-Anwärter im Bereich Gewichtheben geschult“, berichtet der Eintrachtler.
Wenn dir der Helm fehlt oder der Brustpanzer, dann hast du ein Problem!
Christian Wojtek (Eintracht-Athletiktrainer)
Athletiktraining besteht aber nicht nur aus Gewichtheber-Elementen. Neben dem Kraftraum in der Sporthalle Mittelstadt sind den Jugend-Leistungsteams der Eintracht - Wojtek ist für die U19- und U17-Bundesligisten sowie die Regionalliga-Mannschaften der B2 und C1 zuständig - auch die Turnhalle Berghofstraße und das Ischelandstadion vertraute Terrains. Hier geht es in erster Linie um Ausdauer, Sprint und Sprung. Insgesamt stehen neben dem Handballtraining zwei bis drei 60- bis 90-minütige Athletikeinheiten pro Woche auf dem Programm.
„Ich lege relativ früh viel Wert auf verschiedene Kniebeugetechniken“, erläutert Christian Wojtek, „bis zum Ende der Pubertät wachsen die Kreuzbänder mit, wenn man sie vernünftig ansteuert und belastet. Die Muskeldichte erhöht sich, die Spieler bekommen mehr Kraft und werden leistungsstärker.“
Auch klassische Elemente wie Krabbeln, Schleppen, Ziehen oder Springen tragen dazu bei, dass die Nachwuchs-Handballer mit alldem ausgestattet werden, was man als Handballer braucht. „Früher, als es noch keine Handys gab, waren solche Aktivitäten in den Pausen auf dem Schulhof an der Tagesordnung. Sie fördern Bereiche wie Sprung, Sprint, Wurf oder 1-gegen-1-Verhalten“, erläutert Wojtek. „Das Athletiktraining liefert den Jungs die Ritter-Rüstung, die sie bei den Handball-Kämpfen am Wochenende brauchen, um auf einem hohen Niveau bestehen zu können. Wenn dir der Helm fehlt oder der Brustpanzer, dann hast du ein Problem!“
Als Handball-Coach blickt der 45-Jährige, im Hauptberuf Teamleiter bei der Hagener Arbeitsagentur, auf eine mittlerweile mehr als 25-jährige Laufbahn zurück. Schon als A-Jugendspieler seines Stammvereins SG TuRa/Halden, bei dem er als Torwart begonnen hatte und später an den Kreis wechselte, coachte er die C-Jugend des Vereins. „Damals habe ich unter anderem Sebastian Schneider trainiert“, erinnert sich Christian Wojtek noch gut daran, wie er an der Ausbildung des späteren Erstligaspielers und heutigen Geschäftsführers der Eintracht-Förder-gGmbH beteiligt war.
Aktiv hat der Volmestädter bis zur Oberliga gespielt, die TSG Herdecke und der TuS Volmetal zählten zu seinen Klubs. Parallel dazu war Wojtek als Trainer unterer Mannschaften oder als Jugendcoach tätig. Als seine Söhne Julian (heute 18) und Moritz (16) die Eintracht-Jugendteams durchliefen, stieg er bei den Grün-Gelben, für dessen 2. Mannschaft er auch ein Jahr aktiv war, als Nachwuchscoach ein. Später übernahm er die 3. Mannschaft.
„Für mich war es schon immer wichtig, das Handballtraining durch gezielte Athletikeinheiten zu ergänzen. Um mehr Input zu bekommen und eine Struktur hineinzubringen, habe ich 2017 ein erstes Athletikseminar in Stuttgart absolviert“, berichtet der Hagener über seinen Werdegang.
Nach dem Erwerb der Gewichtheber-Lizenzen ließ er sich im Februar dieses Jahres zum „Strengh & Conditioning-Coach“ ausbilden. „Und am vorletzten November-Wochenende will ich mich als High-Kinetics-Trainer zertifizieren lassen“, steht die nächste Qualifikation kurz bevor. Dieser Bereich kommt aus den USA, ist hierzulande aber noch weitgehend unbekannt. „Die Jungs finden das cool, weil es etwas ganz Neues ist!“
Aktuell ist der Athletikcoach des VfL außerdem dabei, sich mit den Bereichen Ernährungsberatung und Mentalarbeit (Nutrition & Mental-Performance) vertraut zu machen. „Damit müsste ich dann das ganze Paket komplett haben!“
Handball spielt der 45-Jährige immer noch. Im Verbandsliga-Team von Eintracht III läuft er an der Seite seines bald 19-jährigen Sohnes Julian auf. „Und wenn Moritz im Dezember 17 wird, soll auch er mit Zweitspielrecht für die ,Dritte‘ spielen“, darauf freut sich Christian Wojtek schon sehr - als letztes erklärtes Ziel seiner aktiven Laufbahn.
Wenn der Vater mit zwei Söhnen! So etwas gibt es im Mannschaftssport nicht oft. Da könnte selbst US-Basketball-Weltstar LeBron James, der in der NBA neuerdings vielbeachtet mit seinem Filius Bronny aufläuft, neidisch werden.